Verehrung, Lehrer, Führung…

Ohne diese große Verehrung dringt kein Menschenwesen jemals zur Erkenntnis. Mag jemand einen noch so scharfen Verstand oder eindringende Vernunft besitzen, oder gar dämmerhafte Hellseherkräfte entwickelt haben – zu echter, wahrer Erkenntnis dringt man nicht vor ohne das, was man die große Verehrung nennt. Denn die wahre Erkenntnis können uns nur diejenigen Wesen geben, welche in ihrer Entwickelung der Menschheit weit vorangeeilt sind. Jeder gibt zu, daß die einzelnen Menschen verschieden weit entwickelt sind. In unserer materialistischen Zeit gesteht man das vielleicht nicht so gerne ein, doch gewisse Unterschiede lassen sich nicht abstreiten. Aber der Meinung sind wohl die meisten, daß ihre Erkenntnis schon die höchste sei. Daß es noch höhere Wesenheiten, über Goethe und Franz von Assisi hinaus, gibt, das wird man nicht so schnell zugeben. Dennoch ist das die Grundbedingung für wirkliche Erkenntnis. Keiner erreicht sie, der nicht diese große Verehrung hat, welche der nivellierenden Anschauung unserer Zeit ganz abhanden gekommen ist. Diese große Verehrung bedingt für den Menschen eine wichtige Tatsache. Wir alle kommen von geistigen Welten her, aus einem ursprünglichen Leben im Geiste. Der eigentlich göttliche Teil unserer Seele stammt von einem göttlichen Urgründe ab. Einmal gab es für einen jeden von uns einen Zeitpunkt, wo überhaupt erst das Hinausschauen von der seelischen in die Sinneswelt in uns erweckt worden ist. In uralten Zeiten hatten alle Menschen ein dumpfes, aber hellseherisches Bewußtsein. Aus der Seele stiegen ihnen Bilder auf, die auf eine sie umgebende Wirklichkeit hinwiesen. Erst später nahm das Sinnesbewußtsein, wie wir es heute haben, einen Anfang. Zu einem jeden von uns trat in einem bestimmten Moment der Entwickelung wie es für die Eva sinnbildlich in der Geschichte vom Paradies geschildert wird – die Schlange der Erkenntnis und sagte in einer weit zurückliegenden Verkörperung die Worte: Deine Augen werden aufgetan werden, du wirst das Gute und das Böse in der sichtbaren Außenwelt erkennen. – Die Schlange war immer das Sinnbild für die großen geistigen Lehrer. Ein jeder hatte einen solchen fortgeschrittenen Lehrer, er war einmal mit einem solchen zusammen, der ihm die Worte entgegentönen ließ: Du wirst einmal die sinnliche Umwelt erkennen. Einem solchen Lehrer begegnet der Mensch, welcher die große Verehrung hat, noch einmal im Leben, wenn ihm die geistigen Sinne geöffnet werden. Man nennt das im Okkultismus das «Wiederfinden des Guru», des großen Lehrers, den jeder suchen muß und den er nur finden kann, wenn er die große Verehrung hat und zugleich weiß, daß es etwas gibt, was über die Menschheit des Durchschnitts hinausgeht.

Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft
Christliche Esoterik im Lichte neuer Geisterkenntnis

GA 96 – Seite 55f