Lazarus-Johannes

Da unten am Kreuze stand die Mutter, da unten stand der Jünger, den «der Herr lieb hatte», der Lazarus-Johannes, den er selber initiiert hatte, und durch den die Weisheit des Christentums auf die Nachwelt kommen sollte, der den astralischen Leib der Menschen so beeinflussen sollte, daß in ihnen das Christus-Prinzip leben könne. Da drinnen im menschlichen astralischen Leib sollte das Christus-Prinzip leben, und der Johannes sollte es hineingießen. Dazu mußte aber dieses Christus-Prinzip vom Kreuze herab noch vereinigt werden mit dem ätherischen Prinzip, mit der Mutter. Daher ruft der Christus vom Kreuz herab die Worte: «Von dieser Stunde an ist dies deine Mutter, und dies ist dein Sohn!» Das heißt, er bindet zusammen seine Weisheit mit dem mütterlichen Prinzip! So sehen wir, wie tief nicht nur die Evangelien sind, sondern wie tief alle Zusammenhänge im Mysterienwesen sind. Ja, die alten Sagen ste- hen in einem Zusammenhange mit den Verkündigungen und Evange- lien der neuen Zeit, wie Voraussagung und Erfüllung! Die alten Sagen zeigen uns an der Oedipus- und an der Judas-Sage klar das eine: Es hat einstmals eine göttliche, uralte Weisheit gegeben. Aber sie versiegte. Und eine neue Weisheit muß kommen. Und diese neue Weisheit wird die Menschen zu dem bringen, wozu sie die alte Weisheit nimmermehr hätte bringen können. Was hätte werden müssen ohne den Christus-Impuls, das sagt uns die Oedipus-Sage. Welches die Gegnerschaft des Christus war, das starre Festhalten an der alten Weisheit, das lehrt uns die Judas-Sage. Das aber, wovon schon die alten Sagen und Mythen erklärten, daß es nicht genüge, das sagt uns in einem neuen Lichte die neue Verkündigung, das Evangelium. Das Evangelium antwortet uns auf das, was die alten Sagen als die Bilder der alten Weisheit ausgesprochen haben. Sie haben gesagt: Aus der alten Weisheit kann nimmermehr kommen, was die Menschheit für die Zukunft braucht. Das Evangelium als die neue Weisheit aber sagt uns: Ich verkündige euch, was die Menschheit braucht, und was nimmermehr hätte kommen können ohne den Einfluß des Christus-Prinzips, ohne das Ereignis von Golgatha.

GA 112, Seite 216/217

(DAS JOHANNES-EVANGELIUM)