Wo Steiner Anfangen musste…
Das ist etwas, was unsere Zeit fordert. Das ist etwas, das mit allen Fasern des seelischen Lebens von den Menschen, die heute die Zeit verstehen wollen, aufgefaßt werden sollte. Es ist seit langer Zeit immer Widerstand geleistet worden gegen alles dasjenige, was als ein Ungewohntes in die menschliche Weltanschauung hereingetragen werden mußte. Ich habe ja öfter das niedliche Beispiel, das an etwas Grobklotziges sich gewendet hat, angeführt: 1835 – also wir sind noch nicht ein Jahrhundert drüber hinaus – ist das gelehrte Medizinalkollegium in Bayern gefragt worden, als man die erste Eisenbahn von Fürth nach Nürnberg bauen wollte, ob es hygienisch ist, solch eine Eisenbahn zu bauen? Da sagte das Medizinalkollegium – das Dokument ist vorhanden, es ist kein Märchen -, man solle keine Eisenbahn bauen, denn die Leute würden nervös werden, die in dieser Weise sich über den Erdboden bewegen würden. – Aber dann setzte man noch hinzu: Wenn es schon solche Menschen geben würde, die durchaus wollten Eisenbahnen fordern, dann müsse man links und rechts hohe Bretterwände aufführen, damit diejenigen, an denen die Eisenbahnen vorbeifahren, nicht Gehirnerschütterung kriegen. – Ja, sehen Sie: Eines ist ein solches Urteil, das man fällt, ein anderes ist der Entwickelungsgang der Menschheit. Wir lächeln heute über ein solches Dokument, wie es das bayerische Medizinalkollegium 1835 geliefert hat. Aber nun, nicht wahr, so ohne weiteres haben wir kein Recht zu lachen: trifft uns heute etwas ähnliches, verhalten wir uns wieder geradeso. Denn so absolut unrecht können wir auch nicht wiederum dem bayerischen Medizinalkollegium geben. Wenn man den Nervenzustand der gegenwärtigen Menschheit vergleicht mit dem Nervenzustande derjenigen Menschheit, die vor zwei Jahrhunderten da war, so sind die Leute nervös geworden. Vielleicht hat das Medizinalkollegium bloß etwas übertrieben, aber nervös geworden sind die Leute. Nur handelt es sich bei der Fortentwickelung der Menschheit nicht um solche Dinge, sondern darum, daß gewisse Impulse, die herein wollen, wirklich hereinkommen in die Erdenentwickelung, daß sie nicht zurückgewiesen werden. Und es ist schon etwas gegen die Bequemlichkeit der Menschen, was da herein will von Zeit zu Zeit in die menschliche Kulturentwickelung, und man muß ablesen dasjenige, was Pflicht ist in bezug auf die menschliche Kulturentwickelung aus der Objektivität, nicht aus der menschlichen Bequem- lichkeit heraus, nicht einmal aus der besseren menschlichen Bequemlichkeit heraus. Und ich schließe heute aus dem Grunde mit diesen Worten, weil ja es ganz zweifellos ist, von allen Seiten kündigt es sich an, daß ein gewisser, schon recht stark anschwellender Kampf gerade zwischen dem anthroposophischen Erkennen und den verschiedenen Bekenntnissen eintreten wird.
Die Sendung Michaels
Die Offenbarung der eigentlichen Geheimnisse des MenschenwesensGA 194 – Seite 116f