Aspekte der Anthroposophie https://anthroposophie.kulturaufgabe.de Eine weitere wpBlog Websites Website Sat, 29 Aug 2020 08:30:46 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.4.3 Mysterienschule https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/29/mysterienschule/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/29/mysterienschule/#respond Sat, 29 Aug 2020 08:30:31 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/?p=2120
„Der Mensch ist, das haben wir ja gerade auseinandergesetzt, in alten Zeiten gewissermaßen unbelehrt von den Göttern in das physische Dasein eingetreten, musste durch die Mysterien belehrt werden. Heute tritt er belehrt ein, und es muss nur das, was in seiner Seele ist, ihm zum Bewusstsein gebracht werden. In alten Zeiten war in Bezug auf das soziale, das wirtschaftliche Zusammenleben eben einfach die Menschheit so eingerichtet, dass der Mensch in den sozialen Zusammenhang, in die Gruppe hineingeboren worden ist. Er war in die Gruppe hineingeboren nach den Kräften, die in ihm gewirkt haben vor der Geburt. Es war nicht allein das Prinzip der physischen Vererbung, das zum Beispiel den ältesten Formen der Menschenungleichheit, den Kasteneinteilungen zugrunde gelegen hat. In den ältesten Kasteneinteilungen war es durchaus so, dass die Leiter der sozialen Ordnung sich gerichtet haben nach der Art und Weise, wie der Mensch vor seiner Geburt oder vor seiner Empfängnis vorbestimmt wurde für eine bestimmte Gruppe unter den Menschen. Der Mensch war wirklich in den Zeiten, in denen noch weniger Erdeninkarnationen in seinem vorhergehenden Dasein lagen, durch diese wenigen Inkarnationen in einer ganz bestimmten Weise in Gruppen hineingeboren, und innerhalb dieser Gruppen nur konnte er sich sozial entfalten. Wer im alten Indien einer bestimmten Kaste angehörte, würde, wenn er in einer anderen Kaste hätte leben sollen, wegen seiner früheren Inkarnation und dessentwegen, was er vor seiner Geburt in der geistigen Welt durchgemacht hatte, zugrunde gegangen sein. Diesen Kasten lag eben nicht nur Blutsvererbung zugrunde, sondern etwas, was auch geistige Prädetermination war. Darüber ist der Mensch hinausgewachsen. Zwischen unserer Zeit und jener Zeit liegt nun wiederum auch in dieser Beziehung ein Wendepunkt. Die Menschen tragen heute eigentlich nur noch als Scheingebilde die Merkmale der Gruppenhaftigkeit an sich. Die Menschen werden in Nationen hineingeboren, sie werden auch noch in eine gewisse Klassenschichtung hineingeboren; aber in dem Maße, in dem sie dann heranwachsen in einem bestimmten Zeitalter, zeigt es sich schon verhältnismäßig früh in der Kindheit, dass eine solche Determination vom vorgeburtlichen Dasein nicht mehr vorhanden ist. Belehrt werden die Menschen heute von den Göttern im vorgeburtlichen Dasein. Der Stempel einer bestimmten Gruppe wird ihnen nicht mehr aufgedrückt. Das ist etwas, was als ein letzter Rest noch in der physischen Vererbung zurückbleibt. Heute einer Nationalität anzugehören mit seinem Bewusstsein, ist gewissermaßen ein Stück Erbsünde, ist etwas, was nicht mehr in das Seelische des Menschen hineinspielen sollte.
Dagegen spielt in unserer heutigen Zeit eine bestimmte Rolle, dass der Mensch, indem er heranwächst, zugleich herauswächst aus allen Gruppenbildungen. Aber innerhalb des wirtschaftlichen Lebens kann er nun nicht ohne Gruppenbildung bleiben, denn in Bezug auf das wirtschaftliche Leben ist niemals der einzelne maßgebend. Was geistiges Leben ist, steigt aus dem tiefsten Inneren des Menschen herauf, worinnen er eine gewisse Harmonisierung seiner Fähigkeiten nicht nur erlangen kann, sondern durch eine gewisse Schule ergänzen, sogar erhalten sollte. Was aber wirtschaftliches Urteil ist, kann heute niemals von einem einzelnen Menschen ausgehen. Ich habe Ihnen Beispiele dafür angeführt, wie das wirtschaftliche Urteil irren muss, wenn es von einem einzelnen Menschen ausgehen soll. Ich mache noch einmal auf ein Beispiel aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufmerksam.
Ich habe Ihnen gesagt, dass in einem bestimmten Zeitraume, um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, überall in Parlamenten und in sonstigen Körperschaften die Diskussion auftrat über die Goldwährung. Was die Redner, die dazumal für die Goldwährung eingetreten sind, vorgebracht haben, waren Auseinandersetzungen unter wirklich recht gescheiten Leuten. Ich sage das nicht aus Ironie, sondern weil die Menschen, die damals über die Goldwährung als Praktiker und als Theoretiker in Parlamenten und anderen Körperschaften gesprochen haben, wirklich sehr gescheit waren, und das, was über die Goldwährung in den einzelnen Ländern gesagt worden ist, gehört eigentlich zu den besten Auslebungen des Parlaments. Und fast überall ist auf eines hingewiesen worden. Aus großem Scharfsinn heraus ist darauf hingewiesen worden, die Goldwährung werde den Freihandel auf die Beine bringen und alles Schutzzollwesen hinwegraffen. – Und wenn man heute noch die Dinge, die dazumal über die Wirkungen der Goldwährung auf den Freihandel gesagt worden sind, liest, hat man seine helle Freude darüber, wie gescheit die Menschen dazumal waren. Aber das gerade Gegenteil ist eingetreten von dem, was die allergescheitesten Leute gesagt haben: Es sind als Folge der Goldwährung überall die Schutzzollbestrebungen aufgekommen. Die Gescheitheit im wirtschaftlichen Leben, die aus den einzelnen Persönlichkeiten hervorging, hat den Menschen gar nichts geholfen. Das könnte man auf den verschiedensten Gebieten nachweisen, denn es ist einmal so, dass der Mensch zwar über das, was eine Erkenntnissache ist in Bezug auf die Natur oder sonst eine Erkenntnissache des Menschen, kompetent ist als einzelnes Individuum; in Bezug auf wirtschaftliche Dinge ist aber der Mensch niemals kompetent als einzelnes Individuum. Man kann nicht ein Urteil haben über wirtschaftliche Dinge im Konkreten als einzelnes Individuum. Ein wirtschaftliches Urteil kann nur entstehen, wenn sich Menschen zusammenschließen, sich assoziieren, und der eine den anderen stützt, wenn Gegenseitigkeit in der Assoziation herrscht. Es ist nicht möglich, dass der einzelne Mensch zu einem solchen wirtschaftlichen Urteil kommt, das dann in die wirtschaftliche Tätigkeit übergehen kann. Es ist das Gegenteil von dem der Fall, was der Mensch bei irgendeinem Wissensurteil hat. Bei einem Wissensurteil soll er aus dem ganzen Menschen heraus ein umfassendes Urteil abgeben; im konkreten wirtschaftlichen Urteil und Handeln handelt es sich darum, dass der einzelne etwas Partielles weiß, der zweite wieder etwas, der dritte wieder etwas; der Produzent auf einem Gebiete weiß etwas, der Konsument auf diesem selben Gebiete weiß etwas. Das muss zusammenfließen; es muss ein Gruppenurteil, ein Kollektivurteil entstehen. Mit anderen Worten: die alten Gruppenbildungen sind abgetan; aus dem wirtschaftlichen Leben müssen durch die Menschen selbst Gruppenbildungen entstehen. Das müssen die Assoziationen des wirtschaftlichen Lebens sein.
Es geht aus dem Begriff einer notwendigen Entwickelungskraft hervor, dass das assoziative Leben die Menschen ergreifen muss; dieses assoziative Leben muss die alten Gruppenzusammenhänge ablösen, die sich heute nur noch wie eine Erbsünde durch die Menschheit hindurch fortpflanzen.
Wenn wir das bedenken, so werden wir uns ja auch sagen: In Bezug auf das Wissen sind in alten Zeiten die Menschen unbelehrt auf die Erde herabgestiegen; in den Mysterien haben sie das Wissen empfangen. Sie steigen heute belehrt herab, und wir haben unsere Didaktik so einzurichten, dass wir das, was die Menschen von den Göttern gelernt haben, aus ihnen herausholen. In Bezug auf wirtschaftliche Einrichtungen waren die Menschen früher determiniert; es war ihnen gewissermaßen von den Göttern der Stempel aufgedrückt. Sie wurden in irgendeine Kaste, in irgendeine Gruppe hineingeboren. Das ist vorbei. Die Menschen werden ohne Stempel geboren, die Menschen werden gewissermaßen als einzelne Individualitäten hineingestellt in die Menschheit. Die Gruppenbildungen müssen sie selber vollziehen aus ihrer Geistigkeit heraus.
Es handelt sich ja wirklich nicht darum, solche Menschen zusammenzufassen, welche sich zur Anthroposophie bekennen; ob sie sich zur Anthroposophie bekennen oder nicht, das wird davon abhängen, was sie die Götter gelehrt haben vor ihrer Geburt, ob sie durch ihre früheren Inkarnationen reif waren zu dieser Götterbelehrung und jetzt so herunterkommen, dass wir aus ihnen Anthroposophie hervorholen können. Sie ist in viel mehr Menschen drinnen, als man heute glaubt, und eine große Anzahl ist nur zu faul, um das, was in ihr ist, aus sich herauszuholen, oder aber auch, es ist der Schulunterricht nicht so eingerichtet, dass die Hüllen gelöst werden und die Menschen wirklich zu ihrem Bewusstsein kommen. Auf dem praktischen, namentlich auf dem wirtschaftlichen Gebiete wäre es geradezu sinnlos, die Menschen zusammenzufassen deshalb, weil sie Anthroposophen sind; sondern man fasst das, was Anthroposophie ist, wiederum in dem Sinne auf, um Einsichten zu bekommen in die Art und Weise, wie die Menschen aus ihrem Bewusstsein heraus die Gruppierungen suchen, suchen müssen nach ihren früheren Inkarnationen. Es handelt sich darum, den Menschen Gelegenheit zu geben, die Gruppenbildungen vorzunehmen, also dasjenige auszuführen, was ganz in der Entwickelungsgeschichte der Menschheit veranlagt ist. Also auch da kommt nicht in Frage, Menschen, die unter einer bestimmten Dogmatik leben, zusammenzugruppieren, sondern Menschen, die durch ihre vorhergehenden Erdenleben dazu berufen sind, die Möglichkeit zu geben, in Gruppen sich zusammenzufinden. In diesen Dingen stecken ja, sobald man aus dem Abstrakten ins Konkrete übergeht, außerordentlich viele Rätsel, und, ich möchte sagen, außerordentlich viel geheimnisvolle Dinge. Denn ob Menschen zu der einen oder zu der anderen Gruppe gehören, das ist durchaus nicht eine Sache von großer Einfachheit.
Die Sehnsucht, die die Menschen nach großer Einfachheit haben, tritt ja in einer merkwürdigen Weise auf. Da wurde mir eben eine kleine Mitteilung über einen Vortrag gegeben, den der löbliche Frohnmeyer wiederum über Theosophie und Anthroposophie gehalten hat, und da wird gesagt: «Die am Schlusse angebrachte, rein persönliche Gegenüberstellung zum Christentum erinnerte an die bekannte Tatsache, .» Er meint offenbar, die Anthroposophen verdrieße es, dass das Große so einfach ist, wie es die Faulheit des Pfarrers Frohnmeyer gern haben möchte, weil er sich nicht anstrengen möchte, das Große in seiner Differenziertheit zu kennen. Man muss nur die Dinge immer in die richtige Sprache übersetzen! Das ist es, was wir gerade als Aufgabe haben: die Dinge in die richtige Sprache zu übersetzen.
Selbstverständlich kann es sich ja nicht darum handeln, jedem die Lehre von dem Belehrtwerden der Menschen vor ihrer Geburt, die Lehre von dem Hineingeborenwerden in Gruppen früher und Nichthineingeborenwerden in Gruppen jetzt, gleich an den Kopf zu werfen; aber wir selbst können uns von diesen Wahrheiten durchdringen lassen und werden dann die Möglichkeit finden, aus der Art und Weise, wie vorgegangen wird, den Leuten zu zeigen, dass wir ebenso weit davon entfernt sind, Dogmatik in die Schule einzuführen, wie davon, Leute, die sich zu einer bestimmten Dogmatik bekennen, in wirtschaftlichen Gruppen, in wirtschaftlichen Assoziationen zusammenzufassen.
Das ist auch bei unserer Stuttgarter Waldorfschule eingehalten worden, wo Sie sehen, dass wir gar kein Interesse daran hatten, etwa den Kindern Anthroposophie beizubringen. Wir wollen eine solche Unterrichtsmethode haben, die man eben nur durch Anthroposophie gewinnen kann. Und das ist etwas rein Sachliches. Aber für diejenigen Kinder, die es wollen oder deren Eltern wollen, dass sie in der katholischen Religionslehre unterrichtet werden, kommt ein katholischer Pfarrer, und für diejenigen, die evangelischen Religionsunterricht bekommen sollen, kommt der evangelische Pfarrer in die Waldorfschule. Wir legen diesen Menschen kein Hindernis entgegen. Nur war es nötig in der heutigen Zeit, wo so viele Eltern, namentlich Eltern aus dem Proletariat (Arbeiterschaft), überhaupt nicht mehr daran denken, ihre Kinder in den katholischen oder evangelischen Religionsunterricht zu schicken, diese Leute zu fragen, ob sie vielleicht einen freien, aus anthroposophischer Erziehung herausgeborenen Religionsunterricht haben wollen. Und da zeigte es sich allerdings, dass diejenigen, die sonst religionslos erzogen würden, die überhaupt in gar keinen Bekenntnisunterricht heute mehr hineingehen würden, sehr zahlreich zum sogenannten anthroposophischen Religionsunterricht kommen, der aber nicht Anthroposophie lehrt, sondern der eben nur aus Anthroposophie herausgeboren ist. Dass nun diese Kinder eifriger bei ihrem Religionsunterricht sind als die beim katholischen oder evangelischen Pfarrer, dafür können wir ja nichts, sondern vermutlich der katholische oder der evangelische Pfarrer. Dass die Sache so weit getrieben worden ist, dass nach und nach eine Anzahl Kinder zum anderen Religionsunterricht herübergegangen ist, und dass es so weit gekommen ist, dass dann, ich glaube, der evangelische Religionslehrer gesagt hat: Nächstens werde ich überhaupt niemanden hier haben in meiner Klasse, weil mir alle davonlaufen -, das ist auch ganz gewiss nicht unsere Schuld. Aber das war schon im vorigen Jahre. War es uns etwa darum zu tun, irgendwelche Dogmatik an die Kinder heranzubringen? Wir haben gar kein Interesse daran. Wir wissen, wenn es unserer Methode gelingt, die Hülle – wie ich es ausgeführt habe – hinwegzuschaffen, werden die Kinder den besten Unterricht haben, nämlich denjenigen, den sie vor ihrem Heruntersteigen auf die Erde in der geistigen Welt empfangen haben.“


Rudolf Steiner am 22.01.1921 in der GA 203 („Die Verantwortung des Menschen für die Weltentwickelung“), S. 104 ff.

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Lüge https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/luege/ Fri, 28 Aug 2020 18:13:56 +0000 https://wp.stephanbirkholz.de/anthroposophie/?p=1620 Wenn die Lüge bewußt aufgefaßt wird, dann ist es weniger schlimm, als wenn die Lüge unbewußt figuriert und den Menschen herunterbringt, ihn barbarisiert. Denn wenn Sie die Lüge betrachten, wie sie im Bewußtsein ist, so geht sie mit dem Bewußtsein jedesmal beim Einschlafen aus dem physischen und Ätherleib heraus, ist vorhanden im raumlosen, zeitlosen Sein, in dem ewigen Sein, wenn der Mensch im traumlosen Schlafe ist. Da wird vorbereitet alles dasjenige, was aus der Lüge werden kann in der Zukunft, das heißt, es wird vorbereitet alles dasjenige, was die Lüge wieder verbessern kann, wenn die Lüge im Bewußtsein sitzt. Wenn die Lüge aber im Unbewußten ist, dann bleibt sie im Bette liegen mit dem physischen und Ätherleib. Da gehört sie, während der Mensch nicht seinen physischen und seinen Ätherleib ausfüllt, dem Kosmos, nicht bloß dem irdischen Kosmos, sondern dem ganzen Kosmos an. Da arbeitet sie an der Zerstörung des Kosmos, vor allen Dingen an der Zerstörung der ganzen Menschheit, denn da beginnt die Zerstörung in der Menschheit selber. Dem, was da der Menschheit droht, entgeht man durch nichts anderes als durch das Anstreben innerer Wahrheit.

GA 201, Seite 202

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Lüge https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/1618/ Fri, 28 Aug 2020 17:29:31 +0000 https://wp.stephanbirkholz.de/anthroposophie/?p=1618 Die Menschen der sechsten Unterrasse (der Akkadier) bildeten die Denkkraft noch weiter aus als die fünfte. Sieunterschieden sich von den sogenannten Ursemiten da- durch, daß sie die angeführte Fähigkeit in einem um-fassenderen Sinne zur Anwendung brachten als jene. — Es ist gesagt worden, daß die Ausbildung der Denkkraftzwar die Ansprüche der eigensüchtigen Persönlichkeit nicht zu den verheerenden Wirkungen kommen ließ, die bei den früheren Rassen möglich waren, daß aber diese An- sprüche durch sie nicht vernichtet wurden. Die Ursemiten regelten zunächst ihre persönlichen Verhältnisse so, wie es ihnen ihre Denkkraft eingab. An die Stelle der bloßen Begierden und Gelüste trat die Klugheit. Andere Lebens-verhältnisse traten auf. Waren vorhergehende Rassen ge-neigt, den als Führer anzuerkennen, dessen Taten tief indas Gedächtnis sich eingeprägt hatten oder der auf einLeben reicher Erinnerung zurückblicken konnte, so wurde jetzt solche Rolle dem Klugen zuerkannt. Und war vor-dem das maßgebend, was in guter Erinnerung lebte, so
GA 11, Seite 41
betrachtete man jetzt das als das Beste, was dem Gedan- ken am besten einleuchtete. Unter dem Einflüsse des Ge- dächtnisses hielt man ehedem so lange an einer Sache fest, bis man sie als unzureichend erfand, und dann er-gab sich im letzteren Falle von selbst, daß derjenige miteiner Neuerung durchdrang, welcher einem Mangel ab-zuhelfen in der Lage war. Unter der Wirkung der Denk- kraft aber entwickelte sich eine Neuerungssucht undVeränderungslust. Jeder wollte durchsetzen, was seineKlugheit ihm eingab. Unruhige Zustände beginnen daher unter der fünften Unterrasse, und sie führen in der sech-sten dazu, daß man das Bedürfnis empfand, das eigen-sinnige Denken des Einzelnen unter allgemeine Gesetzezu bringen. Der Glanz in den Staaten der dritten Unter-rasse beruhte darauf, dass gemeinsame Erinnerungen Ord-nung und Harmonie bewirkten. In der sechsten mußte durch ausgedachte Gesetze diese Ordnung bewirkt wer- den. So hat man in dieser sechsten Unterrasse den Ur- sprung von Rechts- und Gesetzesordnungen zu suchen. — Und während der dritten Unterrasse geschah die Ab-sonderung einer Menschengruppe nur, wenn sie gewisser- maßen dadurch aus ihrem Gemeinwesen hinausgedrängt wurde, weil sie sich innerhalb der durch Erinnerung vor- handenen Zustände nicht mehr wohl fühlte. In der sech- sten war das wesentlich anders. Die berechnende Denk-kraft suchte das Neue als solches, sie spornte zu Unter-nehmungen und Neugründungen. Daher waren die Ak- kadier ein unternehmungslustiges Volk, zur Kolonisation geneigt. Insbesondere mußte der Handel der jung auf- keimenden Denk- und Urteilskraft Nahrung geben. Bei der siebenten Unterrasse (den Mongolen) bildete
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Das Christentum als Erdenreligion https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/das-christentum-als-erdenreligion-mit-dem/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/das-christentum-als-erdenreligion-mit-dem/#respond Fri, 28 Aug 2020 17:10:10 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/das-christentum-als-erdenreligion-mit-dem/ Mit dem Christentum war eine Erdenreligion entwickelt, welche als geistiges Element so für die Erde ist, wie die Sonne als physisches Element für die Erde ist. Das Klima von der Gegend in der Nähe von Olympia ist verschieden von dem Klima in der Nähe von Theben, das Klima in der Nähe von Theben ist verschieden von dem Klima in der Nähe von Bombay. Wenn sich das religiöse Bekenntnis an die Lokalität anschmiegt, dann reicht es auch nicht über die Lokalität hinaus. Aber die Sonne verbreitet ihr Licht über alle Lokalitäten der Erde, scheint allen Menschen als die gleiche Sonne.

So war, als derjenige Gott Menschengestalt angenommen hatte, der seinen physischen Abglanz in der Sonne hat, dem Menschengeschlechte doch ein Gott gegeben, der für alle Menschen der ganzen Erde als Gott gelten kann. Man muss nur die Möglichkeit finden, in das Wesen dieses Christus-Gottes einzudringen, dann wird man ihn darstellen können als den Gott, der für die ganze Erdenmenschheit gilt. Wir sind in der anthroposophischen Lehre erst im Anfange. Wir stammeln gewissermaßen heute erst Anthroposophie. Aber Anthroposophie wird sich immer weiter und weiter entwickeln, und ein Teil ihrer Entwickelung wird darinnen bestehen, dass sie Worte über die Darstellung des Mysteriums von Golgatha finden wird, mit denen sie zu den Hindus, zu den Chinesen, in alle Gebiete der Erde gehen kann, und das Mysterium von Golgatha so verständlich machen können wird, dass der Hindu, der Chinese, der Japaner nicht mehr dasjenige zurückweisen werden, was ihnen über das Mysterium von Golgatha gesagt wird.

Dazu ist aber allerdings notwendig, dass dasjenige, was christliche Tradition ist, in vollem Sinne ernst genommen werde. Durch die Jahrhunderte hindurch band man sich mehr oder weniger an das Evangeliumwort. Man studierte die alten Bücher und man studierte auch so, wie man sie verstand. Hier soll gewiss nichts gegen die Gültigkeit der Evangelien gesagt werden. Wir haben in unseren Zyklen über jedes der Evangelien eine besondere anthroposophische Interpretation, wo versucht wird, in den Sinn, in den tieferen Sinn der Evangelien einzudringen. Aber dennoch muss gesagt werden: Warum wird denn gewöhnlich das Wort am Ende des einen Evangeliums so wenig ernst genommen, das da heißt: «Ich hätte euch noch viel zu sagen, allein ihr könnet es jetzt noch nicht verstehen»? Und warum wird denn das andere Wort des Evangeliums so wenig ernst genommen: «Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Erdenzeiten»? Denn der Christus hat wahr gesprochen. Er hatte den Menschen nicht nur dasjenige zu sagen, was in den Evangelien aufgezeichnet ist. In den Evangelien ist vom Christus-Wort dasjenige aufgezeichnet, wofür die Menschen der damaligen Zeit, einzelne Menschen wenigstens reif waren. Aber reifer und immer reifer musste die Menschheit in der Erdenentwickelung werden. Der Christus blieb vom Mysterium von Golgatha an als der lebendige Christus, nicht als der tote Christus unter den Menschen. Und er ist da. Lernen wir seine Sprache kennen, dann werden wir auch wissen können, dass er da ist, dass sein Wort wahr ist: «Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Erdenzeiten.» Und seine Sprache, seine Geistsprache möchte sprechen gerade anthroposophische Weltanschauung. Anthroposophische Weltanschauung möchte über die Natur, möchte über ein jegliches Wesen der Erde, möchte über den Sternenhimmel und die Sonne so sprechen, dass in dieser Sprache auch das Mysterium von Golgatha verständlich und der Christus als der immerwährend Daseiende empfunden werden kann.

Wir dürfen auch dasjenige, was wir aus der geistigen Welt mit Hilfe derjenigen Macht, die durch das Mysterium von Golgatha vom Himmel auf die Erde herabgestiegen ist, gewinnen, nach dem Mysterium von Golgatha als das Wort Christi ansehen. Wir dürfen das Wort des Paulus wahrmachen: «Nicht ich, sondern der Christus in mir.» Ja, der Christus in mir als Mensch, wenn wir als Menschen sprechen von den geistigen Welten. Denn heute sind wir bereits in ein Zeitalter eingetreten, wo wir nicht einmal mehr wie die Griechen uns noch mit unserem physischen Leib eins fühlen, aber diesen physischen Leib deutlich als einen harmonisch selbständigen fühlen. Heute dringen wir noch früher als im Griechenzeitalter in die Untergründe unseres physischen Leibes hinein, trennen uns dadurch von dem Spirituellen unserer Umgebung, können uns nur vertiefen, wenn wir die Verbindung mit dem Gotte suchen, der aus den Himmeln zu den Menschen herabgestiegen ist, können uns nur mit dem Gotte, der den Erdenort betreten hat, verbunden fühlen, weil die Menschen nicht mehr in ihrem physischen Dasein mit ihrem gewöhnlichen Bewusstsein den Himmelsort unmittelbar betreten können. Wenn wir den Christus finden, das heißt, wenn wir uns eröffnen die geistige Welt, dann finden wir auch wiederum den Zugang zu der übersinnlichen Welt, aber jetzt nicht durch den physischen Leib, wie das in alten Zeiten der Fall war, sondern durch die erhöhte Kraft der Seele. Und diese bekommen wir jetzt, wo der Parallelismus zwischen der leiblichen und seelischen Entwickelung in die Zwanzigerjahre nur hinaufgeht – später wird er noch weniger weit hinaufgehen -, dadurch, dass wir uns mit der Erkenntnis eines übersinnlichen Ereignisses durchdringen, nämlich des Mysteriums von Golgatha mitten unter sinnlichen Ereignissen der Erdenentwickelung. Alles ging auf Erden sinnlich zu. Nur im Mysterium von Golgatha mischte sich unter die Erdenereignisse ein Übersinnliches. Das kann nur durch eine übersinnliche Erkenntnis auch begriffen werden. So bekommen wir als Menschen in der Seele durch unsere Verbindung mit dem Christus die starke Kraft, ein Verhältnis zu der übersinnlichen Welt zu gewinnen, was die Menschen früher dadurch gewannen, dass sie noch mit ihrem physischen Leibe so verbunden waren, dass der Leib ihnen schalenartig werden konnte, dass sie noch vor dem physischen Tode das Herannahen dieses Todes verspürten und dadurch zusammenwuchsen mit dem Geiste, der in der Umgebung enthalten ist.

Wir müssen seelisch das erreichen, was auf eine mehr durch den Leib vermittelte Art in den älteren Zeiten erreicht worden ist. Wenn wir auch noch so sehr bewundern dasjenige, was übrigens nicht aus der urindischen Zeit auf uns gekommen ist, sondern was später geblieben ist aus dieser urindischen Zeit in der Herrlichkeit der Veden, der Großartigkeit der Vedantaphilosophie, in dem Glanzvollen der Bhagavad Gita, so müssen wir wissen, das konnte in jenen alten Zeiten nur dadurch errungen werden, dass der Mensch in dieser Weise, indem er ins Alter hineinwuchs, von seinem Leibe etwas Spirituelles in sich zurückgestrahlt bekam.

Der Mensch wurde sozusagen in jenen älteren Zeiten, in denen vom fünfunddreißigsten Jahre das Leben abwärts geht, entschädigt für dieses Abwärtsgehen des Leibes dadurch, dass gewissermaßen aus dem härter werdenden Leib, aus dem vertrocknet werdenden, runzelig werdenden Leib der Geist sich herauspresste, den der Mensch wahrnahm. Man dichtete die großen philosophischen Dichtungen der alten Zeiten nicht als Jüngling, man dichtete als weise gewordener alter Patriarch. Aber es war dieses das Ergebnis desjenigen, was man vom Leibe hatte. Wir müssen in diesem anders gewordenen Zeitalter der Menschheitsentwickelung dasjenige, was in alten Zeiten die Menschen von dem Leibe hatten, von der stärker gewordenen Seele haben. Unser Leib wird alt. Wir bleiben mit ihm verbunden. Wir lassen den Geist nicht aus ihm herauskommen, weil wir diesen Leib frühzeitig in Anspruch nehmen.

Würden wir das nicht tun, würden wir nicht freie Menschen geworden sein. Wir müssen das als unser rechtmäßiges Erdenschicksal hinnehmen. Aber wir müssen uns auch klar sein, unsere Seele muss darum umso stärker werden. Dasjenige, was uns gewissermaßen an geistiger Stärke, die dem schwachgewordenen Leibe in alten Zeiten entsprochen hat, nicht mehr zufließt, das müssen wir durch die eigene Verstärkung unserer Seele erwerben. Und diese Verstärkung unserer Seele ergibt sich, wenn wir wirklich in lebendigem Anschauen auf das große, gewaltige, auf das Himmelsereignis hinblicken, das mitten im Irdischen mit dem Mysterium von Golgatha geschehen ist. Im Anblicke des Mysteriums von Golgatha und im Bewusstsein, dass die Nachwirkung des Mysteriums von Golgatha auch unter uns lebt, im Geistig-Übersinnlichen da ist, im Anblicke dieses Ereignisses stärkt sich unser Seelisch-Geistiges, und wir kommen wiederum an die geistige Welt heran.

Ja, der Christus ist auf die Erde heruntergestiegen, damit die Menschen ihn auf der Erde schauen konnten, als sie ihn im Himmel nicht mehr erinnernd schauen konnten. Das ist es, was eigentlich uns das Mysterium von Golgatha von dem heutigen Gesichtspunkte aus erst recht vor das geistige Auge rückt.

GA 226, S. 92 ff.

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Geistergreifen und Widerstand https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/aber-da-liegt-die-tatsache-vor-dass-wenn-man-auf-2/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/aber-da-liegt-die-tatsache-vor-dass-wenn-man-auf-2/#respond Fri, 28 Aug 2020 17:07:42 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/08/28/aber-da-liegt-die-tatsache-vor-dass-wenn-man-auf-2/ Aber da liegt die Tatsache vor, daß, wenn man auf der Seite an den Geist sich wendet, dann werden auf der anderen Seite die Menschen, die das Vergangene allein anbeten möchten, zu dem Geist des Widerspruchs, zu dem Geist des Widerstandes hingezogen. Und je mehr wir versuchen, mit aller Kraft zu ergreifen den Geist des Zukunft-Menschenseins, desto mehr werden gewissermaßen die Vergangenheitsmenschen besessen sein von dem Geist des Widerstandes.

(Rudolf Steiner, GA 195, S.64)

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Fragen an den Christus in seiner Sprache https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/fragen-an-den-christus-in-seiner-sprache-warum/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/fragen-an-den-christus-in-seiner-sprache-warum/#respond Fri, 24 Jul 2020 19:39:30 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/fragen-an-den-christus-in-seiner-sprache-warum/ Warum muss denn in der Gegenwart eine ganz andere Art als die materialistische es ist, nämlich eine rein geistige Art, wirklich die Menschenherzen ergreifen? Diese Frage müssen wir im Zusammenhang betrachten mit einer Tatsache, auf die wir öfter hingewiesen haben im Laufe der Jahre, und die uns gerade besonders in diesen Tagen, in diesen Leidens- und Prüfungstagen nahegehen muss. Wir haben hingewiesen darauf, wie dieses zwanzigste Jahrhundert die Anschauung des ätherischen Christus unter die Menschheit bringen muss. Und so wahr, wir haben das oft gesagt, als zur Zeit des Mysteriums von Golgatha der Christus physisch unter den Menschen gewandelt hat an einer bestimmten Stätte der Erde, so wahr wird über die ganze Erde hin im zwanzigsten Jahrhundert der ätherische Christus unter den Menschen wandeln. Und nicht darf, wenn gegen der Erde Heil nicht gesündigt werden soll, die Menschheit unaufmerksam an diesem Ereignis vorbeigehen; sondern sie muss die notwendige Aufmerksamkeit haben, damit eine genügende Anzahl von Menschen vorbereitet sein werden, den Christus wirklich zu schauen, der da kommen wird und der geschaut werden muss.

Solch ein Ereignis, es kommt nicht ganz plötzlich, wie das Ereignis von Golgatha auch nicht plötzlich gekommen ist, sondern sich auch durch dreiunddreißig Jahre vorbereitet hat. Und so nah ist der Zeitpunkt, wo etwas, aber jetzt geistig, geschehen wird, was eine ähnliche Bedeutung haben wird für die Menschheit wie das Ereignis von Golgatha auf dem physischen Plan. Daher werden Sie es nicht unglaubhaft finden, wenn Sie im Allgemeinen die oben berührte Tatsache zugeben, wenn gesagt wird, dass er eigentlich in der Form, in der er geschaut werden wird im großen Augenblick der Entwickelung im zwanzigsten Jahrhundert, schon da ist, dass sich vorbereitet der große Augenblick. Nicht unglaubhaft werden Sie es finden, wenn eben im Angesicht des großen Augenblickes gesagt wird: Dieser Augenblick bereitet sich schon vor. Ja, man kann sagen: So weit die Menschheit in ihren heutigen Taten entfernt zu sein scheint von dem Durchtränktsein mit dem Christus-Geist auf dem physischen Plan, so nahe ist den Seelen, wenn sie sich nur öffnen wollten, der Christus, der da kommt. Und der Okkultist kann geradezu darauf hindeuten, wie seit dem Jahre 1909 ungefähr in deutlich vernehmbarer Weise sich vorbereitet dasjenige, was da kommen soll; dass wir seit dem Jahre 1909 innerlich in einer ganz besonderen Zeit leben. Und es ist heute möglich, wenn es nur gesucht wird, dem Christus ganz nahe zu sein, den Christus in ganz anderer Art zu finden, als ihn frühere Zeiten gefunden haben.

Eines kann einem auffallen, was ich Ihnen, so einfach es klingen mag, sagen muss aus einer tiefen Zeitempfindung heraus. Leider macht man sich ja gewöhnlich nicht genug gründliche Vorstellungen über dasjenige, was vergangen ist, namentlich was vorgegangen ist mit den menschlichen Seelen in früheren Jahrhunderten. Von der Stärke des Eindrucks, den in den ersten christlichen Jahrhunderten, wenn auch auf einen geringeren Kreis als später, vielleicht nicht die heute bekannten Evangelien, aber dasjenige, was in den heute bekannten Evangelien steht, gemacht hat, von dem unendlich Starken des innerlichen Ergriffenseins der Seele macht man sich heute keine rechte Vorstellung mehr. Ja, mit den zunehmenden Jahrhunderten wurde wirklich der Eindruck, den das Innerliche der Evangelien machte, immer geringer. Und heute darf man schon sagen, wenn man sich keinen Illusionen hingibt: Der einzelne, wenn er gewisse Intuitionen hat, gewisse ahnende Kräfte hat, kann durchdringen durch das Wort der Evangelien zu einer Vorstellung desjenigen, was geschehen ist in der Zeit des Mysteriums von Golgatha; aber die ungeheure Kraft des Evangelien-Wortes selber, sie wurde geringer und immer geringer, und sie wirkt heute, wenn man sich eben keiner Illusion hingibt, in den weitesten Kreisen der Menschen nur noch schwach. Man will sich solch eine Tatsache nicht mehr gestehen; aber es wäre gut, weil es die Wahrheit ist, wenn man es sich gestehen wollte. Wie kommt das?

Nun, so wahr es ist, dass dasjenige, was durch die Evangelien pulst, nicht Erdenwort ist, sondern Kosmos-Wort, Himmels-Wort, eine unvergleichlich größere innere Kraftmöglichkeit hat als irgendetwas anderes auf der Erde, ebenso wahr ist es, dass der Form, in der dieses Wort niedergelegt ist in den Evangelien, aus der Zeit des Mysteriums von Golgatha heraus, die Menschen in ihren Seelen sich entfremdet haben in dieser Zeit. Denken Sie doch nur nach darüber, wie unendlich schwer es Ihnen ist, die Sprache, wenn sie zufällig an Sie herankommt, in einem Zustand zu verstehen, wie sie vor vier, fünf Jahrhunderten war. Ein Herüberübersetzen gibt ja durchaus nicht dasjenige, was wirklich da ist. Die Evangelien in der Gestalt, in der sie heute ein Mensch haben kann, sind eben nicht die ursprünglichen Evangelien, haben nicht die ursprüngliche Kraft. Man kann zu ihnen durchdringen durch eine gewisse Intuition, wie ich sagte; aber sie haben eben nicht dieselbe Kraft. Und der Christus, der hat das Wort gesprochen, das zutiefst in die Menschenseele sich eingraben soll: Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Erdenzeit. – Dies ist eine Wahrheit, dies ist eine Wirklichkeit. In verschiedener Form, in einer der Menschenseele besonders nahen Form, wird er es sein in der angedeuteten Zeit des zwanzigsten Jahrhunderts.

Nun, aus dem, was ich gesagt habe, können Sie entnehmen, dass derjenige, der sich in diesen Dingen als Okkultist drinnenstehend fühlt, sagt: Er ist da! So ist er da, dass wir von ihm deutlich wissen, dass er nun mehr noch will mit seinen Menschenkindern, als er in verflossenen Jahrhunderten gewollt hat. Die Evangelien haben bisher innerlich zu den Menschen gesprochen. Sie sollten die Seelen ergreifen. Daher konnte man auch mit dem Glauben sich begnügen, nicht zum Wissen fortschreiten. Diese Zeit ist vorüber, diese Zeit liegt hinter uns. Der Christus hat noch ganz anderes vor mit seinen Menschenkindern. Er hat das vor, dass das Reich, von dem er gesagt hat «Mein Reich ist nicht von dieser Welt», wirklich in diejenigen Teile der Menschenwesenheit einziehe, die selber nicht von dieser Welt sind, die von einer anderen Welt sind. Denn in jedem von uns liegt der Teil des Menschen, der nicht von dieser Welt ist. Und der Teil des Menschen, der nicht von dieser Welt ist, der muss in intensiver Weise gerade suchen das Reich, von dem der Christus gesagt hat, es sei nicht von dieser Welt.

In der Zeit, in der dies verstanden werden muss, leben wir. Und manche solcher Dinge in der Menschheitsentwickelung künden sich gerade an durch den tiefsten Kontrast. Und auch in unserer Zeit kündigt sich ein Großes, Bedeutsames durch den Kontrast an. Denn die Zeit wird kommen mit dem kommenden Christus, mit dem daseienden Christus, wo die Menschen lernen werden, nicht nur für ihre Seelen, sondern für das, was sie begründen wollen durch ihr unsterbliches Teil hier auf Erden, den Christus zu befragen. Der Christus ist nicht nur ein Menschen-Herrscher, er ist ein Menschen-Bruder, der befragt werden will, besonders in den kommenden Zeiten befragt werden will für alle Einzelheiten des Lebens. Was die Menschen begründen wollen, durch den Kontrast wird es begründet heute. Heute scheinen sich Ereignisse zu vollziehen, bei denen die Menschen am allerfernsten zu stehen scheinen der Frage an den Christus. Wer fragt bei demjenigen – so müssen wir uns fragen -, was heute geschieht: Was sagt der Christus Jesus dazu? – Wer fragt es? Manche sagen, dass sie es fragen, aber es wäre gotteslästerlich, zu glauben, dass sie es fragen, dass in der Form, wie sie heute gestellt werden, die Fragen wirklich an den Christus gestellt werden. Und dennoch, die Zeit muss kommen, sie darf nicht ferne sein, wo die Menschenseele in ihrem unsterblichen Teil für dasjenige, was sie begründen will, die Frage an den Christus stellt: Soll es geschehen, soll es nicht geschehen? – wo die Menschenseele den Christus als sie liebenden Genossen im Einzelfalle des Lebens neben sich sieht und nicht nur Trost, nicht nur Kraft bekommt von der Christus-Wesenheit, sondern auch Auskunft bekommt über dasjenige, was geschehen soll. Das Reich des Christus Jesus ist nicht von dieser Welt, aber es muss wirken in dieser Welt, und die Menschenseelen müssen die Werkzeuge des Reiches werden, das nicht von dieser Welt ist. Von diesem Standpunkte aus müssen wir Umschau halten danach, wie wenig heute die Frage aufgeworfen wird, die an den Christus für die einzelnen Taten und Ereignisse gestellt werden muss. Lernen aber muss die Menschheit, den Christus zu befragen.

Wie soll das geschehen? Das kann nur dadurch geschehen, dass wir seine Sprache lernen. Derjenige, der den tieferen Sinn dessen, was unsere Geisteswissenschaft will, einsieht, der sieht in ihr nicht bloß ein theoretisches Wissen über allerlei Menschheitsprobleme, über die Glieder der Menschennatur, über Reinkarnation und Karma, sondern er sucht in ihr eine ganz besondere Sprache, eine Art und Weise, sich über geistige Dinge auszudrücken. Und dass wir lernen, durch die Geisteswissenschaft innerlich im Gedanken mit der geistigen Welt zu sprechen, das ist viel wichtiger, als dass wir uns theoretische Gedanken aneignen. Denn der Christus ist bei uns alle Tage bis ans Ende der Erdenzeiten. Seine Sprache sollen wir lernen. Und durch die Sprache – und scheint sie noch so abstrakt zu sein -, durch die wir von Saturn, Sonne, Mond und Erde und auf der Erde von verschiedenen Perioden und verschiedenen Zeiten und von verschiedenen anderen Geheimnissen der Entwickelung hören, durch diese sogenannte Lehre lehren wir uns selber eine Sprache, in die wir die Fragen gießen können, die wir stellen an die geistige Welt. Und wenn wir lernen, so recht in der Sprache dieses geistigen Lebens innerlich zu sprechen, dann, meine lieben Freunde, dann wird sich entwickeln, dass der Christus neben uns steht und uns Antwort gibt. Das ist etwas, das wir als eine Gesinnung aus unseren geisteswissenschaftlichen Bestrebungen aufnehmen sollen, als eine Empfindung, als ein Gefühl. Warum befassen wir uns mit Geisteswissenschaft? Es ist, wie wenn wir das Vokabularium derjenigen Sprache lernen sollen, durch die wir an den Christus herankommen. Und wer sich bemüht, über die Welt denken zu lernen, wie sich die Geisteswissenschaft bemüht, wer sich bemüht, seinen Kopf so anzustrengen, dass er, so wie die Geisteswissenschaft es will, in die Weltengeheimnisse hineinsieht, an den wird aus dem düster-dunklen Grunde der Weltengeheimnisse die Gestalt des Christus Jesus herantreten und ihm die starke Kraft sein, in der er leben wird, brüderlich führend an seiner Seite stehend, auf dass er mit Herz und Seele stark und kräftig sein könne, den Aufgaben der zukünftigen Menschheitsentwickelung gewachsen zu sein. Suchen wir daher nicht bloß als Lehre, suchen wir als eine Sprache uns die Geisteswissenschaft anzueignen, und warten wir dann, bis wir in dieser Sprache die Fragen finden, die wir an den Christus stellen dürfen. Er wird antworten, ja er wird antworten! Und reichliche Seelenkräfte, Seelenstärkungen, Seelenimpulse wird derjenige davontragen, der aus grauer Geistestiefe heraus, die in der Menschheitsentwickelung dieser Zeit liegt, die Anweisung des Christus vernehmen wird, die dieser dem, der sie sucht, geben will in der allernächsten Zukunft.

Rudolf Steiner am 06.02.1917 in der GA 175 („Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha“), S. 29 ff.

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Der Christus kann nicht mit dem Verstand erfasst werden https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/der-christus-kann-nicht-mit-dem-verstand-erfasst/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/der-christus-kann-nicht-mit-dem-verstand-erfasst/#respond Fri, 24 Jul 2020 19:39:09 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/der-christus-kann-nicht-mit-dem-verstand-erfasst/ Denn eines erfuhren die alten Eingeweihten mit voller Bewusstheit: sie wussten, Weisheit ist nicht bloß etwas abstrakt im Menschen Lebendes, Weisheit ist Licht im Menschen, indem der Mensch denkt, sich innerlich Bilder macht. Denn dasselbe, was da im Menschen innerlich die Bilder sind, das ist äußerlich das Licht, das belebt. Unsere Begriffe können kein Licht schaffen – so etwa sagten sich diese Eingeweihten -, daher haben sie selber die Form des Todes in Anspruch genommen, daher sind sie tot, unsere Begriffe. Und das war die tragische Weisheit eines großen Teiles der Mysterien des vierten nachatlantischen Zeitraumes, dass der Satz gefühlt wurde: Die Weisheit des Menschen kann nicht mehr Licht sein, sie wird dunkel im Menschen; denn Licht ist schaffend. Der abstrakte Gedanke ist unschöpferisch, ist tot.

Und nun stellen Sie sich einen solchen Eingeweihten vor, der ganz in dieser Anschauung stehend erzogen ist: es kann erst wiederum einen Trost für den Menschen geben, wenn aus irgendeiner Ecke heraus die Überzeugung kommt: die Weisheit kann wieder leuchten, die Weisheit kann wiederum Licht werden, sie ist nicht tot, sie ist etwas, was man draußen auch sehen kann. Sie kann Licht werden. Sehen Sie, dieser Trost ist Paulus geworden, als er das Ereignis von Damaskus erlebte. Da hatte er erst das Mysterium von Golgatha begriffen. Da hat er erst verstanden: durch Christus ist etwas in die Welt gekommen, was nicht nur gedacht werden kann, was leuchtet, was wiederum Lichtkraft, also schaffende Kraft hat. Und von da an hat er gewusst: zwar die Natur ist für den Menschen erstorben, aber der Christus ist mit seiner Kraft auf der Erde. Er hat sie durchdrungen. Und in dem Christus kann jetzt die Menschheit dasjenige finden, was sie früher in der Natur gefunden hat. Das war das große Erlebnis des Paulus vor Damaskus. Und da verstand er: die Menschen haben die Natur verloren als Trost, die Natur ist ihnen ästhetisch geworden. Aber der Christus tritt ein. Der Christus, richtig verstanden, gibt dasjenige, was da lebte in dem ganzen Komplex der sprechenden Mineralien, der zum Erröten und Erblassen bringenden Pflanzen, der innerlich den Menschen durchsehnenden, durchwühlenden Tierheit. Ein Geistkosmos hat sich mit der Erde verbunden. Die Sonnenkraft, die früher in Mineral, Pflanze und Tier dem Menschen erschien, sie ist da auf moralische Art. Sie ist da für das innerliche Erleben. Das Himmelreich ist nahe herangekommen. Was reden die Menschen alle über die Interpretation dessen, dass der Christus verkündet hat: Das Erdenende ist da, ein neues Reich kommt auf. – Ja, die es so verstanden haben, dass nunmehr die Ähren fünfmal so reich werden auf den Feldern, dass die Trauben fünfmal so groß werden an den Weinstöcken – wir wissen ja, dass das so verstanden worden ist -, die verstehen eben nicht, was da gemeint war; dass tatsächlich eine Durchtränkung des rein natürlichen Daseins mit dem gekommen war, was in dem Herabsenken des Christus auf die Erde liegt. Das hat der Paulus geoffenbart bekommen mit dem Ereignis von Damaskus.

Und so müssen wir eben diese zweite Welt sehen, eine zweite, ganz neue Welt ist gekommen mit dem Christus. Es ist nicht bloß dieses Abstraktum, als das man es häufig ansieht, sondern es ist eine ganz neue Welt, eine Welt, die wiederum dasjenige gibt, wenn es richtig verstanden wird, was früher die Natur gegeben hat. Der Intellektualismus lacht, wenn man davon spricht, dass in den Mineralien Gnomen sind, was aber nichts anderes zum Ausdruck bringen soll als das, was ich vorhin gesagt habe: Die Mineralien sprachen zu einem -, oder dass Undinen in den Pflanzen sind. Menschen, die nicht mehr erblassen können, nicht mehr erröten können beim Anblick der Pflanzen, die können natürlich auch von den Undinen nichts wissen; denn die Verstandesbegriffe, die Definitionen, die sagen nichts von den Undinen. Aber das Erröten und Erblassen, das, was im Blute liegt, das spricht davon, sprach einmal davon. Heute spricht es nur unbewusst davon. Aber all das vermag wieder aufzuleben, wenn der Christus wirklich als ein Erlebnis bei der Menschheit eintritt. Und im Christus wird sich das Alter wiederum mit der Jugend verständigen können. Denn der Christus, der kann nicht mit dem Verstande erfasst werden.

Sehen Sie, wie wir heute die Welt verstandesmäßig beurteilen, reden wir von richtig und unrichtig, von wahr und falsch. Aber das hat nur für die physische Welt, in der wir zwischen Geburt und Tod leben, Bedeutung. Die Leute, zu denen man reden muss über die höheren Welten, die wollen nicht eingehen auf das, was das Wesentliche ist. Gewiss, man muss die Begriffe von wahr und falsch, von logisch richtig und unrichtig auch in die höheren Welten hinauftragen. Aber das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist, dass da etwas Lebendiges dazu kommen muss, dass da die Begriffe «gesund» und «krank» zum Beispiel eintreten müssen. Hier für die physische Welt ist etwas eben richtig oder unrichtig, für die höheren Welten ist das Richtige außerdem gesund. Wir empfinden es so lebendig, wie wir hier das Gesundsein am ganzen Menschen empfinden in der physischen Welt. Und das Falsche, das Unrichtige ist dort das Kranke, und wir reden eigentlich besser, wenn wir in der gewöhnlichen Welt die Dinge wirklich treffen wollen, von gesund und krank, als wenn wir von richtig oder unrichtig reden, und wir müssen uns auch aneignen etwas von der Anschauung nach dem Gesunden oder Kranken. Hier urteilen wir logisch nach richtig oder unrichtig, in den höheren Welten empfinden wir: da wächst etwas, es entwickelt sich. Wir reden nicht vom bloßen Richtigen, wir empfinden das als gesund. Und wenn wir einen Begriff darüber fassen, so fühlen wir auch diesen Begriff als etwas Gesundes, nicht bloß als etwas Richtiges. Und ebenso fühlen wir das, was unrichtig ist, in der geistigen Welt als krank. Nun, für die physische Welt reichen wir heute eben aus – wir sind einmal so veranlagt – mit richtig oder unrichtig. Für die Geschichte ist das nicht der Fall. Für die Geschichte kommen wir eben mit dem nicht aus, was die neueren Historiker nach dem Muster der bloßen Physik an Begriffen entwickelt haben. Da müssen wir sprechen von einer Gesundheit am Ausgangspunkte der Menschheit. Wir müssen in der griechisch-lateinischen Zeit sprechen von einer Erkrankung der Kultur. Und wir müssen von der Therapie der Geschichte sprechen, indem wir die Wirksamkeit des Mysteriums von Golgatha entwickeln. Wir müssen also sprechen, wie wir von dem gesunden und kranken Menschen sprechen, wir müssen die Geschichte nach dem Musterbilde einer Erkrankung und einer Heilung darstellen.

Rudolf Steiner in der GA 209, S. 101 f.

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Das zukünftige Schauen des ätherischen Christus https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/das-zukuenftige-schauen-des-aetherischen/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/das-zukuenftige-schauen-des-aetherischen/#respond Fri, 24 Jul 2020 19:37:49 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/24/das-zukuenftige-schauen-des-aetherischen/ „Es bereitet sich im Schoße der spirituellen Geistesströmung eine Vertiefung der geistig-seelischen Kräfte vor. Und während immer mehr und mehr den Christus leugnen werden die an der Oberfläche gelegenen Geisteskräfte, werden tiefere Seelenkräfte auftreten, die den Christus immer mehr suchen werden. Es werden die Menschen sich mehren, die schauen werden den Christus, der die Äthersphäre beleben wird, den diejenigen finden werden, die dafür empfänglich sind. Darum sprechen wir von einem ätherischen Dasein des Christus im 20. Jahrhundert. Dann werden wir aus eigener Erfahrung wissen, dass bei dem Mysterium von Golgatha wirklich in die Erdensphäre eingetreten ist diejenige Wesenheit, die der Christus genannt wird, und immer mehr Menschen werden wissen, wer der Christus ist, da sie ihn schauen werden.

Die Bekanntschaft mit der Geisteswissenschaft wird die Seelen so vertiefen, dass dadurch der Blick der Menschen erwachen wird für den Christus. Eine wunderbare Perspektive tut sich für den hellseherisch-prophetischen Blick auf! Die äußeren, an der Oberfläche liegenden Seelenkräfte werden immer unzulänglicher und unzulänglicher, und die Menschen werden nach und nach so geboren werden, dass sie mit diesen an der Oberfläche liegenden Seelenkräften in ihrem Seelenleben verhältnismäßig bald fertig werden. Aber ein Zeitalter steht bald vor der Tür, das in einer merkwürdigen Weise an das Christus-Ereignis erinnern wird.

Im dreißigsten Jahre seines Lebens sah der Jesus von Nazareth in sich den Christus einziehen. Ein neues Seelenleben begann in dem Leibe des Jesus von Nazareth, da der Christus in ihn eingezogen war an die Stelle des Zarathustra-Ich, das ihn verlassen hatte. Das war am Beginn unserer Zeitrechnung. Eine Zeit steht jetzt vor der Tür, in welcher die Menschen immer zahlreicher werden, bei denen vom dreißigsten Jahre ihres Lebens an, zwar nicht der Christus in seiner Fülle, aber die Christus-Erkenntnis wie durch eine Erleuchtung einziehen wird. Im dreißigsten Lebensjahre wird bei diesen Menschen ein neues, umfassendes Seelenleben beginnen dadurch, dass sie den Christus in seiner ätherischen Wesenheit schauen werden.

Man versteht im Sinne der Geisteswissenschaft unsere Zeit, wenn man sich Verständnis erwirbt für diese Perspektive. Wenn die Seelen, die jetzt leben, wieder verkörpert sein werden – von denen viele früher wiedergeboren werden als nach der normalen, durchschnittlichen Regel -, für manche aber wird es sich auch schon früher vollziehen, dass von einem bestimmten Lebensalter an die Menschen in sich einziehen fühlen werden durch ihr Erleben, wovon sie früher nur durch Unterweisung wissen konnten. Sie werden sagen können: Es tritt in mein Leben die Schauung ein, und ich weiß jetzt selber, wer der Christus ist, ich habe ein Verständnis durch Schauen erlangt. – Dann wird man den Christus nicht mehr beweisen wollen, denn die Anzahl derer wird immer größer werden, die darüber berichten können, dass sie den Christus als Geistwesen auf der Erde herumwandelnd finden. Man wird nicht mehr bloß den historischen Christus suchen.

Das sind die beiden Seiten des Zukunftsbildes: Auf der einen Seite wird immer mehr eine Verödung eintreten durch die an der Oberfläche befindlichen Seelenkräfte, andererseits durch Reaktion eben gegen die Verödung, ein Hervorrufen der in den Tiefen liegenden Seelenkräfte. Um dieses zu erkennen, dazu verbreiten wir die Anthroposophie.

Die Menschen dürfen die Eindrücke, die sie empfangen werden, die meistens nur leise auftreten, nicht achtlos an sich vorübergehen lassen, denn nur selten finden vehemente Eindrücke statt. Durch die Verbreitung wahrer Anthroposophie werden die Menschenseelen so werden, dass sie nicht achtlos an sich werden vorübergehen lassen die Erleuchtung, wenn sie kommt, denn sonst würde man sie während mehrerer Inkarnationen nicht bekommen können. Die anderen aber, die von den oberflächlichen Seelenkräften ausgehen, werden gerade diese, die die Erleuchtung bekommen haben, als Narren, als Wahnsinnige verschreien. Ein Anfang dazu ist ja schon in einer fürchterlichen Weise gemacht worden. Psychiater haben sich schon auf die Christus-Jesus-Forschung geworfen. Man studiert die Evangelien auf Symptome des Wahnsinns hin. An solchen Erscheinungen sollte man nicht achtlos vorbeigehen, sondern man sollte dadurch zur Einsicht kommen, dass die andere Seite sehr einer Pflege bedarf; jene andere Seite, die darstellt ein Verständnis für den Christus, der in die Menschheit eingetreten ist in einer Zeit, in der er am wenigsten verstanden werden konnte und der fortwirkt, um vorzubereiten das Verständnis, das in Zukunftszeiten kommen wird.

Der Mensch, der in die Zukunft blickt, sollte nicht mit einer abstrakten, allgemeinen Phrase dasjenige abtun, was sich in der Zukunft zeigt. Die Zukunft zeigt sich von zwei Seiten, von der Seite der Verödung, des Aufgehens im Materialismus, aber auch von dem Geborenwerden einer neuen geistigen Welt, nicht nur in den Gedanken, oder, sagen wir, in der Anschauung, sondern für das Dasein. Denn der Christus wird dem Menschen an die Seite treten und sein Rater werden. Nicht als Bild allein ist das gemeint, sondern in Wirklichkeit werden die Menschen die Ratschläge, die sie brauchen, von dem lebenden Christus empfangen, der ihnen Berater und Freund sein wird, der zu den Menschenseelen sprechen wird so wie ein Mensch, der physisch neben uns geht. Hat die Menschheit eine prophetische Vorverkündigung gebraucht damals, als der Christus physisch in einem Menschenleibe erscheinen sollte, noch viel mehr braucht sie diese jetzt, da er in einer ätherischen Erscheinung für die Menschen kommen wird. Betrachten Sie das Gesagte daher als eine vorbereitende Verkündigung dessen, was da kommen wird und kommen muss.

Machen Sie sich über die Zukunft keine Illusion. Aber wir geben uns über die Zukunft keiner Illusion hin, wenn wir uns vorhalten, wie es ausschaut im äußeren materiellen Leben, wenn wir ausgehen von der Betrachtung, dass man in der Zukunft so von der Handschrift sprechen wird, wie wir von den Hieroglyphen der Ägypter sprechen. Es sind die letzten Reste einer geistigen Kultur noch vorhanden, noch erscheint in der Schrift eine Physiognomie der Seele, aber bald wird die Spur des Seelischen aus der äußeren Kultur so verschwunden sein wie für uns die ägyptische Kultur. Von manchem, was für uns noch Seelisches ist, wird man als von einem lang Vergangenen sprechen. Derselbe Mund aber, der verkündigen wird, es war einmal so etwas wie eine menschliche Handschrift, wird verkünden aus dem Spirituellen, aus dem Geistigen heraus, dass der Christus im Geiste lebendig wieder unter den Menschen herumgeht. Den Geist des bloß Gedachten werden die Menschen eintauschen müssen für den Geist der unmittelbaren Anschauung, des unmittelbaren Mitfühlens und Miterlebens von dem an der Seite aller Menschenseelen geistig-lebendig schreitenden Christus.“

Rudolf Steiner am 14.10.1913 in der GA 152 („Vorstufen zum Mysterium von Golgatha“), S. 89 ff.

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Spinner oder genialer Anthroposoph? https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/19/spinner-oder-genialer-anthroposoph/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/19/spinner-oder-genialer-anthroposoph/#respond Sun, 19 Jul 2020 05:31:13 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/19/spinner-oder-genialer-anthroposoph/ Spinner oder genialer Anthroposoph?

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Farbenwirkungen https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/16/farbenwirkungen-farben-wirkungen-sind-von-der/ https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/16/farbenwirkungen-farben-wirkungen-sind-von-der/#respond Thu, 16 Jul 2020 19:17:29 +0000 https://anthroposophie.kulturaufgabe.de/2020/07/16/farbenwirkungen-farben-wirkungen-sind-von-der/ Farben Wirkungen sind von der denkbar größten Bedeutung. Nun wissen Sie, daß wir unter gewissen Umständen des allgemeinen Seins unserer Weltenumgebung eine Grundfarbe über uns

sich ausbreiten sehen: die Bläue des Himmels. Diese Bläue des Himmels hat für die Menschen unserer Zeitepoche eine sehr große Bedeutung. Denn sie hat die Bedeutung, daß die Menschen –

indem sie auf ihre Seele wirken lassen die blaue Raumesweite – immer wieder die Mahnung erhalten: mit den in der großen Welt befindlichen Wesenheiten in Berührung zu kommen,

die unseren Ätherleib aufrufen zur Betrachtung des Spirituellen.

In bezug auf die Bläue des Himmels war es nicht immer so mit den Menschen, wie jetzt. Die Menschen der Gegenwart glauben immer wieder, daß die Menschen stets so gewesen seien, wie sie jetzt sind.

Die ganze Konstitution des Menschen hat sich geändert im Laufe der Zeit. In jenen alten Zeiten, wo ein ursprüngliches Hellsehen vorhanden war, da gab es nicht eine solche Bläue des Himmels wie für

den gegenwärtigen Menschen, sondern damals schaute der Blick hinaus in die Raumesweiten, und sie wurden ihm nicht abgeschlossen durch die Bläue des Himmels, sondern er sah hinein in die geistigen

Welten, die sich ausdehnen in Raumesweiten. Wenn die alten Menschen davon gesprochen haben, daß da oben der Himmel beginne, das heißt dasjenige, in dem die geistigen Wesenheiten der Hierarchien

zu suchen sind, so haben sie buchstäbliche Wahrheit gesprochen.

(Rudolf Steiner, GA 284, S.150)

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