Die Bewußtseinsseele

Die Bewußtseinsseele ist auch deshalb das Isolierteste, weil der Mensch durch die Bewußtseinsseele unmittelbar die Fühlhörner in die Umgebung streckt. Wenn wir überlegen, was wir tun wollen, leben wir in der Verstandesseele. Wenn wir anschauen, was um uns herum ist, strecken wir durch die Sinne direkt die Fühlhörner der Bewußtseinsseele heraus und kommen wieder zu dem, was uns zu dem isoliertesten Wesen macht. Denn durch das, was uns unsere Sinne bieten, werden wir die isoliertesten Wesen. So isoliert sich der Mensch gerade deshalb,weil er durch die Bewußtseinsseele ganz lokal und temporär sich inBeziehung setzen muß zur Außenwelt. Aber Meinungen haften am intensivsten in der Bewußtseinsseele. Es macht sich zuerst eine Meinung geltend und setzt sich fest in der Bewußtseinsseele. Deshalb ist der Mensch in bezug auf Meinungen ein isoliertes Wesen. In bezug auf Gewohnheiten verstehen sich die Menschen schon besser. Der Menschist am selbständigsten, aber auch am isoliertesten in der Bewußtseinsseele, daher können wir auch nicht bei einem anderen Menschen so recht Zugang finden zu dem, was Inhalt der Bewußtseinsseele des anderen Menschen ist. Wir wissen ja nicht einmal, ob jeder die Farbe Rot oder Blau in derselben Weise sieht, wie wir selbst.Aber abgesehen davon, nehmen wir jetzt nur einmal den Inhalt derBewußtseinsseele an, der in Meinungen besteht. Nehmen wir etwas, was ungeheuer logisch erscheinen mag, wovon wir uns einbilden können, daß wir diese Meinungen am denkbar logischsten begründen, so kann man mit diesen logischen Gründen bei den Mitmenschen doch nicht viel anfangen. Logische Begründungen wirken eigentlich zunächst im äußeren Leben nicht, und es ist sogar das Normale, daß sie nicht wirken. Daher ist es leicht, Menschen im jugendlichen Alter, im Kindesalter zu unseren Meinungen zu bekehren. Später ist das immer weniger der Fall. Denn das Kind stellt uns nicht nur seine Bewußtseinsseele entgegen, sondern auch die Verstandesseele und die Empfindungsseele. Es stellt uns seine ganze Persönlichkeit entgegen. Und das,wodurch wir überzeugen, hängt an allem anderen mehr als an der Bewußtseinsseele. Da wirkt der Wille, das Gefühl hinauf. Wenn die Willensrichtung, die Gefühle, verschieden sind beim Menschen, dann lassen sich die verschiedensten Standpunkte in der logischsten Weise begründen. Dennoch sind die Menschen im gegenwärtigen Menschheitszyklus so recht selbständig nur in bezug auf die Bewußtseinsseele, weniger in bezug auf die anderen Seelenglieder. Fühlen Sie einmal, wiesich Meinungen bilden: der Mensch ist ganz frei, sich diesen oder jenenBegriffszusammenhang als seine Meinung zu bilden. Weniger frei ist er,wenn der Inhalt der Verstandesseele in Betracht kommt. Da fühlt sich der Mensch gar nicht frei, sonst könnten ihm seine Gefühle und Empfindungen nicht so manchen Streich spielen. Wir können in unseren Meinungen ganz einig sein mit uns, daß dieses oder jenes uns eigentlichmißfallen müßte, aber das Gemüt spricht anders, läßt uns doch Gefallen finden an der Sache. Der Umstand, daß das Gemüt in Zwiespalt sein kann mit den Meinungen, kann uns zeigen, daß der Mensch nicht so frei ist in bezug auf das Gefühl wie in bezug auf die Meinungen. Am stärksten unfrei fühlt sich der Mensch bei alledem, was den Willen undso weiter anbetrifft, bei allem, was in der Empfindungsseele ist. Der Zwiespalt ist zuweilen gar sehr groß zwischen den herrlichsten Vorsätzen, zwischen der Meinung, daß dies oder jenes nicht gut ist, und dem Trieb, dem Affekt zu jenem. Ein drastisches Beispiel ist folgendes:Ein Lehrer, der ein zorniges Kind hat, sieht in der Verstandesseele ein, daß der Zorn ausgetrieben werden muß. Da es ihm auf gutem Wege nicht gelingt, wirft er ihm das Tintenfaß an den Kopf, er wird selbst zornig. Da haben wir den schönsten Zwiespalt.Was ist nun im Seelenleben der Fall, was geht da vor sich, daß dieserZwiespalt zustande kommen kann? Es ist das der Fall, daß wir eigentlich nur im jetzigen Zustand der Entwickelung in bezug auf die Bewußtseinsseele selbständig, isoliert sind, daß aber zwischen der Bewußtseinsseele, an der Grenze zu der Verstandes- oder Gemütsseele hin, ein Einfluß auf die Seele stattfindet, ein Einfluß höherer übermenschlicher Wesenheiten. Und wiederum haben wir an der Grenze zwischen Verstandes- und Empfindungsseele einen solchen Einfluß äußererKräfte übermenschlicher Wesenheiten, ebenso zwischen Empfindungsseele und Empfindungsleib.

Die Mission der neuen GeistesoffenbarungDas Christus-Ereignis als Mittelpunktsgeschehender Erdenevolution
GA 127. Seiten 44ff