Und über alles übrige Geistige sucht er auf dem intellektualistischen Wege sich klar zu werden, indem er untersucht, wieviel Bürgschaft die Gewißheit des eigenen Selbstbewußtsein über die Gewißheit von anderem gibt. Er fragt überall gegenüber den Wahrheiten, die ihm geschichtlich überliefert sind: sind sie so klar wie das «Ich denke, also bin ich»? Und kann er das bejahen, so nimmt er sie an. Ist bei einem solchen menschlichen Denken nicht aller Anschauung, die auf die Dinge der Welt orientiert ist, der Geist ausgetrieben? Die Offenbarung dieses Geistes hat sich auf die kleinste Stütze im Selbstbewußtsein zurückgezogen; alles andere erweist sich UNMITTELBAR ohne Geistesoffenbarung. Es kann auf das außer dem Selbstbewußtsein Liegende nur mittelbar durch den Intellekt in der Bewußtseinsseele ein Licht dieser Geistesoffenbarung geworfen werden.

Der Mensch dieses Zeitalters läßt gewissermaßen den noch fast leeren Inhalt seiner Bewußtseinsseele in intensiver Sehnsucht nach der Geistwelt strömen. Ein dünner Strahl geht dahin.

Die Wesen der an die Erdenwelt unmittelbar angrenzenden Geistwelt und die Menschenseelen auf Erden kommen schwer zueinander. Michaels übersinnliche Vorbereitung seiner späteren Mission wird nur unter den größten Hemmungen von der Menschenseele miterlebt.

Man vergleiche, um das Wesen DER Seelenstimmung zu erfassen, die in Descartes zum Ausdrucke kommt, diesen Philosophen mit Augustinus, der der äußeren Formulierung nach dieselbe Stütze für das Erleben der geistigen Welt geltend macht wie Descartes. Nur geschieht es bei Augustinus aus der vollen imaginativen Kraft der Verstandes- oder Gemütsseele. (Er lebte 354 bis 430.) Man findet Augustinus mit Descartes mit Recht verwandt. Nur ist der Intellekt des Augustinus noch der Rest des Kosmischen, der bei Descartes der schon in die einzelne Menschenseele einziehende. Gerade an dem Fortgang des Geistesstrebens von Augustinus zu Descartes kann man sehen, wie der kosmische Charakter der Gedankenkräfte sich verliert, und wie dieser dann in der Menschenseele wieder auftritt. Man schaut aber zugleich, wie Michael und die Menschenseele unter Schwierigkeiten sich so zusammenfinden, daß Michael im Menschen leiten kann, was er einst im Kosmos geleitet hat.

Es sind gegen dieses Zusammenfinden die luziferischen und ahrimanischen Kräfte am Werke. Die luziferischen wollen am Menschen nur das zur Entfaltung kommen lassen, was ihm in seiner kosmischen Kindheit eigen war; die ahrimanischen als Gegner und doch mit ihnen zusammenwirkend möchten die in späteren Weltaltern erlangten Kräfte allein entwickeln und die kosmische Kindheit verdorren lassen.

Unter solchen gesteigerten Widerständen wurde von den Menschenseelen Europas das verarbeitet, was an geistigen Impulsen durch die Kreuzzüge an alten Weltanschauungsideen vom Osten nach dem Westen geströmt war. Die Michael-Kräfte lebten ja ganz stark in diesen Ideen. Die komische Intelligenz, deren Verwaltung das alte geistige Erbgut Michaels war, beherrschte diese Weltanschauungen. Wie konnten sie aufgenommen werden, da eine Kluft lag zwischen den Kräften der Geist-Welt und den Menschenseelen? Sie fielen in die erst leise werdende Bewußtseinsseele. Einerseits begegneten sie dem Hindernis, das in der noch schwach entwickelten Bewußtseinsseele gegeben war. Sie übertönten deren Wirksamkeit, lähmten sie. Aber anderseits auch auf ein noch von Imagination getragenes Bewußtsein stießen sie nicht mehr. Die Menschenseele konnte sie nicht mit voller Einsicht mit sich verbinden. Man nahm sie entweder ganz oberflächlich oder abergläubisch auf.

In diese Geistesverfassung muß geschaut werden, wenn die Gedankenbewegungen, die an Namen von Wicliff, Huß und andere einerseits, an die Bezeichnung «Rosenkreuzerwesen» andrerseits sich anschließen, verstanden sein wollen.
Davon soll im weiteren gesprochen werden.

GA 26, 137-139